Amoklauf von München

Was wir aus dem Amoklauf von München lernen können

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Wesentliche Hintergründe der Tragödie sind aufgeklärt. Auf unsere Polizei ist Verlass. Auf populistische Politiker nicht. Welche Rolle Facebook & Co. spielten.

Die Trauer mit den Opfern des Amoklaufs von München und ihrer Angehörigen hat viele Menschen am Wochenende bewegt. Hinzu kam das Gefühl der Bestürzung über die grausame Tat des Teenagers David Ali S. Inzwischen sind wesentliche Hintergründe aufgeklärt. Und man kann sich daran wagen, erste Lehren aus dem Fall zu ziehen.

Amoklauf von München: Auf die Polizei ist Verlass

1. Auf unsere Polizei ist Verlass. Die Sicherheitskräfte haben nach der Tat die Landeshauptstadt in kürzester Zeit in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt. Der Polizeiführung gelang es, mehr als 2300 Einsatzkräfte zu koordinieren. Sogar der öffentliche Nahverkehr wurde lahmgelegt. Dieser brachiale Einsatz war gerechtfertigt, weil Zeugenaussagen fälschlicherweise darauf schließen ließen, dass mehrere Täter noch in München unterwegs sind. Das Verständnis für die „Terrorlage“ war groß. Auch wenn viele Menschen über Stunden nicht nach Hause kamen.

2. Smartphones und soziale Medien sind Segen, aber auch Fluch für die Polizeiarbeit. Die Einsatzkräfte haben durch Fotos und Videos zahlreiche Hinweise erhalten. Doch die Falschmeldungen von weiteren Tatorten in München, die sich in Windeseile bei Facebook und Twitter verbreiteten, lösten Panik aus und erschwerten die Arbeit. Die Polizei bat auch dringend, keine Fotos von Polizeieinsätzen zu veröffentlichen. „Helft nicht den Tätern“, hieß es. Insgesamt haben die sozialen Medien die Kontrolle der Lage erschwert.

Amoklauf von München: Profi-Journalisten sind wichtiger denn je

3. Professionelle journalistische Arbeit, die analysiert und einordnet, ist im Digitalzeitalter wichtiger denn je. Der Schwarm ungeprüfter Gerüchte, angeblicher Augenzeugenberichte, gefälschter Fotos und unsinniger Beschuldigungen löste nach dem Amoklauf Verwirrung aus. Wenn Sofortismus und wilde Spekulationen ins Kraut schießen, sind seriöse Nachrichten und gut ausgebildete Journalisten ein Leuchtturm der Berichterstattung.

4. Auf die Aussagen populistischer Politiker, die sich direkt nach Ereignissen über Twitter in die erste Reihe drängen, ist kein Verlass. Nach dem Attentat von Würzburg kritisierte die Grüne Renate Künast den tödlichen Polizeischuss auf den Attentäter – ohne jede Sachkenntnis. Nach dem Münchner Amoklauf hetzten AfD-Politiker, die einen islamistischen Hintergrund unterstellten, gegen Kanzlerin Angela Merkel und „Gutmenschen“. Auch der sächsische CDU-Politiker Maximilian Krah twitterte voreilig: „Ich bin in München. Das muss der Wendepunkt sein: Die Willkommenskultur ist tödlich. Es geht um unser Land.“ Die Blamage könnte größer kaum sein.

5. Schärfere Waffengesetze hätten die grausame Tat nicht verhindert. Das Internet vernetzt die Welt. Es erleichtert unser Leben – von der Urlaubsbuchung bis zur Pflege von Freundschaften. Leider erleichtert es auch den Kontakt zu Kriminellen, die illegal Waffen oder verbrecherische Dienste anbieten. Besser als schärfere Gesetze wäre eine Verstärkung der Cyber-Polizei, die verdeckt ermittelt und damit das Handwerk der Ganoven erschwert.

6. Wer Jugendliche im Internet alleine lässt, geht Risiken ein. Das beginnt mit illegalen Downloads von Musik oder Filmen. Schlimmer können Kontakte mit Sekten, Betrügern, Sexualstraftätern oder Radikalen sein. Eltern sollten sich darum kümmern, was Jugendliche im Netz treiben. Hartnäckig Interesse zu zeigen, kann vielleicht manche Dummheit verhindern. Es gibt Studien, die das belegen.
Der Nachweis für die jetzt wieder geäußerte These, dass Egoshooter-Spiele wie Counterstrike (das spielte auch David Ali S.) den Nährboden für Amokläufe schaffen, fehlt weiterhin. Deswegen war die Diskussion darüber auch vor vielen Jahren verstummt.

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