In Schwaben werden mehr Straßen und Bahnstrecken gebaut. Die Wachstumsgesellschaft braucht Raum. Wie sinnvoll die Projekte tatsächlich sind.
Straßen und Schienen gelten als die Lebensadern einer Region. So ist das auch in Bayerisch-Schwaben. Autobahnen, Bundesstraßen und ICE-Strecken sind Garanten für bequemes Reisen und Wirtschaftswachstum. Ohne Verkehrswege fällt eine Region im Wettbewerb der Wirtschaftsräume zurück, was den Verlust von Arbeitsplätzen und eine Reduzierung des Wohlstands bedeuten kann.
Doch so wichtig Mobilität auch ist, so sehr steht sie in den Zeiten des Klimawandels im Konflikt mit der Ökologie. Es gibt heute kaum noch ein Projekt, das nicht auf Widerstand stößt. Jede neue Straße erhöht den Flächenverbrauch, mehr Verkehr verursacht dicke Luft. Zum Symbol des Protests wurde das Bahnprojekt Stuttgart 21. Es ging um die Rettung von Bäumen und – allen Ernstes – um Juchtenkäfer.
Verkehrsprojekte in Schwaben: Konferenz in Memmingen
Es gehört zur Kunst moderner Politik, die Interessen von Wachstum und Ökologie klug auszutarieren. In Memmingen machten gestern CSU-Politiker Druck auf ihre eigenen Verkehrsminister Andreas Scheuer und Ilse Aigner, damit relevante schwäbische Verkehrsprojekte umgesetzt werden. Doch wie sinnvoll sind die Vorhaben?
Das wichtigste Infrastrukturprojekt unserer Region, der Ausbau der ICE-Strecke zwischen Ulm und Augsburg, ist am wenigsten umstritten. Das Projekt wurde als vordringlich im Bundesverkehrswegeplan 2030 festgeschrieben. Es ist Grundlage dafür, dass die europäische Magistrale Paris–Budapest weiter über Stuttgart und Augsburg verläuft. Dazu kommen Verbesserungen für den Regionalverkehr im Großraum der Bezirkshauptstadt. Knackpunkt ist allerdings die Zeitschiene. Es steht zu befürchten, dass der Ausbau nicht vor 2022 beginnt.
Die B12 ist eine Lebensader
Verkehrsprojekte in Schwaben: Bundesstraße B12, ICE-Strecke Neu-Ulm-Augsburg
Der zügige Ausbau der Bundesstraße 12 zwischen Buchloe und Kempten steht ebenfalls als vordringliches Projekt im Verkehrswegeplan. Auch die B12 ist eine Lebensader – für Einheimische, Touristen und die Wirtschaft im Allgäu. Schon viel zu lange wartet die Region auf die Vierspurigkeit.
Dass die Elektrifizierung der Bahnstrecke München–Lindau endlich angepackt wird, ist genauso sinnvoll. Wer will schon, dass Dieselloks weiterhin die Allgäuer Luft trüben? Stattdessen wird eine Elektrifizierung die Bahn im Wettbewerb mit dem Auto stärken.
Doch es gibt auch zwei umstrittene Verkehrsprojekte. Die von der Wirtschaft favorisierte vierspurige Augsburger Ostumfahrung zwischen der Autobahn A8 in Friedberg und der Bundesstraße 17 südlich von Augsburg scheiterte am Widerstand der Naturschützer. Die Lechquerung an ökologisch wertvoller Stelle wurde daher ausgespart. Es wird nur ein Teil der Strecke ausgebaut. Die Interessen des Umweltschutzes wogen schwerer als die der Wirtschaft. Für diesen Kompromiss gab es gute Argumente. Denn auch eine auf Wachstum ausgerichtete Gesellschaft darf nicht auf Teufel komm raus bauen.
Verkehrsprojekte in Schwaben: Ärgerliche Fehlentscheidung der CSU
Und dann ist da noch eine ärgerliche Fehlentscheidung der CSU-Staatsregierung. Obwohl in München für mehr als drei Milliarden Euro eine zweite S-Bahn-Stammstrecke gebaut wird, sind die Schienen nicht für schnelle Regionalzüge geeignet. Trotz einer früheren Zusage von Innenminister Joachim Herrmann.
Damit bleibt eine rasche Zugverbindung aus der wachsenden Metropole Augsburg über die neue Strecke zum Flughafen München ein Wunschtraum. Die Augsburger müssen daher weiter über die häufig verstopfte Autobahn dieseln. Eine bessere Schienenanbindung hätte ökologisch und wirtschaftlich nur Vorteile gehabt. Nicht einmal Juchten- oder andere Käfer wären vom klügeren Ausbau der Strecke verschreckt worden. Es ist schlicht eine Fehlplanung.