Alexander Dobrindt

Österreichs Argumente gegen die deutsche Maut sind ein Schmarrn

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Leitartikel: Unser Nachbar will nun definitiv gegen die Pkw-Maut klagen. Das sind Muskelspiele im Wahlkampf. Am Ende ist das ganze Theater unverhältnismäßig.

Wer gehofft hatte, das Theater um die Maut finde nach der Einigung der Bundesregierung mit der EU-Kommission im Dezember 2016 ein Ende, ist enttäuscht worden.

Österreich macht wohl tatsächlich seine Drohung wahr und wird vor dem EU-Gerichtshof gegen das deutsche Maut-System klagen. Möglicherweise unterstützen auch andere Nachbarn wie Luxemburg und die Niederlande diesen Rechtsweg, wenngleich sie noch zögern.

Deutsche Maut: Einerseits ist das Auftrumpfen der Österreicher verständlich

Auf der einen Seite ist das Auftrumpfen des österreichischen Verkehrsministers verständlich. Der SPÖ-Politiker Jörg Leichtfried hat von der bayerischen CSU gelernt, dass die Maut ein wunderbarer Wahlkampfzünder ist. Die Christsozialen hatten ihn erfolgreich im Bundestagswahlkampf 2013 eingesetzt.

Die Maut für Ausländer zielte damals auf das Gerechtigkeitsempfinden der Bayern, die auf Österreichs Autobahnen abkassiert werden, während die Nachbarn bei uns nach wie vor kostenlos fahren. Vor den Nationalratswahlen heuer im Oktober poltert Leichtfried jetzt gegen die Diskriminierung der Österreicher, die zahlen müssen, während die Deutschen über eine Absenkung der Kfz-Steuer entlastet werden.

Faktisch ist diese Argumentation natürlich ein Schmarrn. Denn wir Deutsche zahlen für jeden Kilometer Autobahn ohnehin mit unseren Steuern. Da ist es prinzipiell nur richtig, auch Ausländer mittels Maut an den Abnutzungskosten zu beteiligen. Doch nun rächt sich, dass die CSU vor Jahren mit dem Wahlkampfspruch „Ausländer-Maut“ durch die Bierzelte gezogen war. Österreichs Politiker punkten nun an den Stammtischen mit dem Slogan „Diskriminierung“. Im Wahlkampf wird die freundliche Nachbarschaft halt gerne durch Muskelspiele ersetzt. Auch wenn es der Sache nicht dient.

Deutsche Maut: Das jahrelange Theater ist unverhältnismäßig

Für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ist Österreichs „Maut-Maulerei“, wie er sie nennt, ärgerlich. Der CSU-Mann hätte sich gerne im nächsten Wahlkampf für die Umsetzung des Versprechens feiern lassen. Jetzt bleiben Restzweifel, ob die inzwischen in Infrastrukturabgabe umgetaufte Maut tatsächlich im Jahr 2019 eingeführt werden kann.

Denn zur Nachbarschaftsklage kommt zusätzlich noch der Vorschlag der EU-Kommission, ab 2027 eine europaweit einheitliche Maut einzuführen. Die Gebühr soll kilometerabhängig mit Umweltkomponente berechnet werden und widerspricht sowohl dem österreichischen Vignettensystem wie auch Dobrindts „Flatrate“-Prinzip.

Es könnte also sein, dass die deutsche Maut schon wenige Jahre nach der Einführung wieder obsolet sein wird. Doch das ist genauso ungewiss wie die Höhe der Einnahmen, die je nach Berechnungsmethode zwischen 500 Millionen Euro im Jahr und einem Minusgeschäft schwanken.

Nach dem Brexit hat die EU in den nächsten Jahren genug damit zu tun, den Laden zusammenzuhalten. Ein Mammutprojekt wie eine Europa-Maut würde das Bündnis überlasten. Insofern sind Forderungen, die deutschen Mautpläne zugunsten des EU-Vorschlags wieder einzustampfen, voreilig.

Dennoch ist das jahrelange Theater um die Maut unverhältnismäßig zum Ertrag von maximal einer halben Milliarde Euro im Jahr. Es wäre vernünftiger gewesen, zur besseren Fernstraßenfinanzierung die Lkw-Maut deutlich zu erhöhen. Die bringt jetzt schon mehr als vier Milliarden Euro Einnahmen pro Jahr. Und Lkw sind die Hauptverursacher von Straßenschäden. Ausländische Lastwagen zahlen im Übrigen die Abgabe genauso wie inländische Speditionen. Nur: Im Wahlkampf hätte eine wachsende Brummi-Maut nicht so gezündet.

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