Die OB-Kandidaten der CSU, der Grünen und der SPD traten zur Podiumsdiskussion an und viele Unterschiede wurden deutlich.
Augsburg. OB-Kandidatin Eva Weber (CSU) verspricht in ihrem Wahlprogramm die Einführung eines Mobilitätsreferates. Daran entzündete sich ein Streit mit dem SPD-OB-Kandidaten Dirk Wurm. Auch die Spitzenfrau der Grünen, Martina Wild, hat dazu eine interessante Meinung. Kurzum: Es war ein Abend, der es in sich hatte. Die OB-Kandidaten traten zu einer Podiumsdiskussion an, die der Bund der Selbstständigen (BDS) organisiert hatte. Viele Unterschiede wurden deutlich. Obwohl alle drei Politiker Teil der derzeitigen Augsburger Koalitionsregierung sind, die am 15. März zur Wahl steht.
Diese zweite große Debatte – vor zwei Wochen hatte die Real Estate Lounge bereits ein OB-Panel vor mehr als 100 Zuhörern zum Thema Wohnen veranstaltet – war aus mehreren Gründen wichtig: Diskussionsrunden tragen zur politischen Willensbildung bei. Sie mobilisieren Wähler in einer Stadt, in der die Kommunalwahlbeteiligung 2014 bei historisch niedrigen 41 Prozent lag. Im Gegensatz zu Wahlplakaten, die mehr als zwei Drittel der Augsburger laut eines AZ-Leservotings als störend empfinden, sind Podiumsdiskussionen positiv besetzt.
Die Debatte war zudem die letzte vor dem Beginn der Briefwahl am 23. Februar. Deren Bedeutung in Augsburg ist (nach dem Entfall der Begründungspflicht) sprunghaft angestiegen. Bei der Kommunalwahl 2014 wählten bereits 29 Prozent vorab mit einem Wurf in den Postkasten. 2008 waren es noch 13 Prozent. Es wird erwartet, dass die Briefwahlquote bei der Kommunalwahl 2020 mehr als 35 Prozent erreichen wird.
Und das waren die wichtigsten Inhalte der Podiumsdiskussion:
Augsburger Mobilität
Eva Weber, derzeit 2. Bürgermeisterin, Finanz- und Wirtschaftsreferentin, argumentierte für das von ihr vorgeschlagene Mobilitätsreferat. Es könne ohne Reibungsverluste durch in verschiedenen Referaten ansässige Verantwortlichkeiten den Fahrplan für einen intelligenten Mobilitätsmix in Augsburg erarbeiten. Ordnungsreferent Dirk Wurm konterte: „So ein Referat brauchen wir nicht. Die Kollegen in den Referaten arbeiten schon heute bestens zusammen.“ Und Martina Wild? Die Grüne (derzeit Fraktionschefin im Stadtrat) erklärte: „Ein Mobilitätsreferat kann Sinn machen. Um es abschließend zu beurteilen, muss man aber den genauen Zuschnitt kennen.“
Eine autofreie Altstadt fanden alle drei OB-Kandidaten sympathisch. Während Martina Wild sogar den gesamten Bereich innerhalb der Stadtmauern so schnell wie möglich autofrei gestalten möchte, pochten Weber und Wurm auf ein Gesamtkonzept, das auch die Belange von Autofahrern berücksichtigt. „Wir müssen klären: Wo sollen denn die Autos hin?“, sagte Eva Weber.
Auch beim Bürgerbegehren für mehr Fahrradverkehr in Augsburg, das das Forum Augsburg lebenswert im März starten will, gab es unterschiedliche Meinungen: Eva Weber und Dirk Wurm ließen durchblicken, dass sie die Initiatoren in die Bemühungen des Stadtrats für mehr Fahrradverkehr einbinden wollen, um ein Bürgerbegehren unnötig zu machen. Martina Wild unterstützte das Begehren des Forums, will unterschreiben. Insgesamt waren sich die Kandidaten einig: In den vergangenen Jahren habe man das Fahrradstadt-Ziel, 25 Prozent des städtischen Verkehrs solle auf dem Velo absolviert werden, zwar nicht erreicht. Der neu zu wählende Stadtrat solle das Engagement deutlich verstärken.
Beim Öffentlichen Nahverkehr traten die Differenzen ebenfalls zu Tage. Wurm erklärte die Tarifreform von 2018 für gescheitert. „Ich kenne niemanden, der das Konzept gut findet.“ Eva Weber verteidigte die Reform, weil sie die Gesamtzahl der Abonnenten erhöht habe. Angesichts der neuen Herausforderungen werde sie jedoch derzeit neu bewertet. Wild und Wurm forderten ein 365-Euro-Ticket für alle Augsburger.
Augsburger Wirtschaft
Alle Kandidaten sehen aktuell keinen Spielraum, um den hohen Augsburger Gewerbesteuersatz von 470 Prozent (Friedberg: 350, Gersthofen: 360) zu senken. Mit der Zahl der 600 neuen Studienplätze in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Informatik zeigten sich Wurm, Wild und Weber im Sinne von Hochschule und Universität zufrieden. Dirk Wurm wünschte sich zusätzliche Studienplätze in der Hochschule und eine neue Fakultät Soziale Arbeit. Eva Weber machte klar, dass man alle Hände voll zu tun habe, die Infrastruktur mit der aufblühenden Stadt mitwachsen zu lassen. Martina Wild war es wichtig, dass trotz Zuzug keine neuen Flächen versiegelt werden.
Die Augsburger Einzelhändlerin Sabine Hoffmann kritisierte Eva Weber, weil sie sich in einem Interview der Zeitschrift Neue Szene bekannt hatte, auch im Internet einzukaufen und Dirk Wurm, weil er auch in München zum Shoppen gehe. „Sie sollten lieber den örtlichen Einzelhandel unterstützen“, forderte Hoffmann. Weber machte klar, dass Online-Shopping heute zur Lebenswirklichkeit gehöre. Den Großteil der Anschaffungen tätige sie jedoch im Augsburger Einzelhandel. Weber: „Und zwar mit Freude.“ Wurm rechtfertigte seine München-Einkäufe mit seiner schmalen Kleidergröße. „Wenn ich zu Eckerle in der Augsburger City gehe, empfiehlt man mir, zu Hirmer in München zu gehen. Da sei die Auswahl größer. Und beide Geschäfte gehören demselben Eigentümer.“
Augsburger Kultur
Die drei Kandidaten widersprachen Gerüchten, dass eine weitere Kostensteigerung des Staatstheaterumbaus erst nach der Wahl bekanntgegeben werde. Dirk Wurm machte erneut den Vorschlag, den dauerhaften Verbleib der Brechtbühne im Gaswerk in Betracht zu ziehen.