Plötzlich lieben alle Deutschland für seine Hilfsbereitschaft. Doch die wirklichen Herausforderungen stehen unserer Gesellschaft erst bevor
Selten war Deutschland in der Welt so beliebt wie heute. Syrische Flüchtlinge in Ungarn rufen „Germany“ und „Angela Merkel“. Zeitungen wie die New York Times und der Londoner Guardian loben unsere Willkommenskultur und Herzenswärme.
Es fühlt sich tatsächlich gut an, in einem Land zu leben, in dem Kriegsflüchtlinge mit Applaus und Teddybären begrüßt werden. Und dennoch wird diese rauschhafte Stimmung nur kurzfristig die Probleme übertünchen, die diese Völkerwanderung nach sich zieht.
Denn bei einer durchschnittlichen Anerkennungsquote von 40 Prozent werden in den nächsten Jahren wohl mehr als eine Million Asylbewerber dauerhaft einen Platz in unserer Gesellschaft suchen. Zwar verjüngt sich das kinderarme Deutschland dadurch. Doch die Flüchtlinge werden unser Land auf Dauer verändern. Und der Weg zur Integration wird steinig.
Nehmen wir zum Beispiel die Syrer, die derzeit den Löwenanteil der Flüchtlinge ausmachen. Zwar wird dieser Tage viel über asylsuchende Tierärzte, Rechtsanwälte und Ingenieure berichtet. Wirtschaftsverbände freuen sich schon über die Chance, mit gut ausgebildeten Zuwanderern den deutschen Facharbeitermangel zu beheben.
Experten erwarten aber auch 15 bis 20 Prozent erwachsene Analphabeten aus Syrien. Zweifel sind angebracht, dass bildungsferne Asylbewerber den Weg auf den Arbeitsmarkt schaffen, statt direkt im Hartz-IV-System abzutauchen.
Zudem hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu Recht darauf hingewiesen, dass die kulturelle Integration arabischer Muslime noch viel schwieriger wird als die Einbindung türkisch geprägter Glaubensbrüder und -schwestern. Dabei war schon die Integration von etwa vier Millionen türkischstämmigen Muslimen in Deutschland keine wirkliche Erfolgsgeschichte. Man muss nur an die Parallelgesellschaften in Großstädten denken, dann wird die neue Dimension dieser Aufgabe erkennbar.
Noch wenig Beachtung finden dieser Tage auch die erwarteten Kosten für Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge. Die Bundesregierung kalkuliert allein dieses Jahr mit mindestens zehn Milliarden Euro für 800 000 Asylbewerber. Das ist eine gewaltige Summe. Doch darin enthalten sind noch nicht die anstehenden Aufwendungen für den sozialen Wohnungsbau, die nötig sein werden, um den Zuwanderern finanzierbare Unterkünfte zu verschaffen. Auch fehlen in der Rechnung die Investitionen in die Bildung, die nötig sind, um den Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen.
Vielleicht steht Deutschland durch diese massive Migration finanziell und kulturell vor der größten Herausforderung seit der deutschen Einheit. Damals wich der Freudentaumel rasch einer heftigen Katerstimmung. Der Traum von blühenden Landschaften platzte. In manchen Regionen des Ostens zeigt sich dagegen heute mangels guter Lebensperspektiven besonders offen das fremdenfeindliche, dunkle Deutschland.
Dass die Welt dagegen heute vor allem das hell leuchtende Deutschland bewundert, darf uns freuen. Noch besser wäre es aber, wenn diese Anerkennung uns ermutigte, die Integration diesmal entschlossener anzugehen als bei den sogenannten „Gastarbeitern“ der fünfziger und sechziger Jahre, die zwar hierblieben, aber nie den Weg in unsere Gesellschaft geschafft haben.
Unsere Beliebtheit bei den Flüchtlingen würde nicht gemindert, wenn wir ihnen diesmal offen sagen: Deutschland bietet euch Schutz und die Chance auf ein gutes Leben. Aber wir erwarten, dass ihr bei allem Recht zur Pflege der eigenen Kultur und Religion Teil unserer Gesellschaft werdet.
Wenn man die Integration geschickt anstellt, kann es für unsere Gesellschaft sogar eine Bereicherung darstellen. Hilfen und Solidarität mit den Flüchtlingen sollte auch niemals eine Einbahnstraße sein. Meiner Meinung nach sollten die Flüchtlinge nach gelungener Integration die erhaltenen Hilfen an den deutschen Staat zurück zahlen.
Letzteres ist mal eine neue Idee.