Ausländer-Maut

Ausländer-Maut: Der EuGH sollte die deutsche Maut stoppen

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Kommentar: Der EU-Gerichtshof verhandelt die Klage Österreichs gegen das Ego-Projekt der CSU. Gegen die Ausländer-Maut sprechen drei grundlegende Argumente.

Seit mehr als fünf Jahren geistert eine deutsche Pkw-Maut durch die politische Landschaft. Am Dienstag verhandelt der Europäische Gerichtshof über eine Klage Österreichs und der Niederlande gegen die deutschen Pläne. Das Argument der Kläger: Es würde ausländische Autofahrer – anders als in anderen EU-Ländern – benachteiligen. Ob die nationale Maut jemals eingeführt werden wird, ist daher ungewisser denn je.

Die Maut in Deutschland befindet sich offiziell noch in der Umsetzungsphase
Es wäre in der Tat besser, wenn die EU-Richter den Maut-Spuk stoppen würden. Vermutlich wünschen sich das sogar die Erfinder von der CSU. Denn dann müsste die bayerische Regionalpartei nicht mit unsicherem Ausgang beweisen, dass die Maut doch ein Erfolgsmodell sein kann. Sie gehört nämlich wie das Betreuungsgeld zu den Ego-Projekten der Christsozialen. Denn von CDU über SPD, FDP bis zu den Grünen waren Koalitionspartner wie Opposition stets dagegen. Dennoch setzte die CSU beide Projekte durch – mit der Drohung, die jeweilige Koalition in Berlin platzen zu lassen.

Während das als „Herdprämie“ verspottete Betreuungsgeld für Familien vom Bundesverfassungsgericht gestoppt wurde und nur noch in Bayern gezahlt wird, steckt die Maut offiziell noch in der Umsetzungsphase. Im Prinzip ist gegen eine deutsche Pkw-Abgabe ja nichts zu sagen. Die meisten EU-Staaten unterhalten Mautsysteme und finanzieren mit den Einnahmen den Neubau und den Unterhalt ihrer Fernstraßen. Doch gegen die Besonderheiten des geplanten deutschen Systems sprechen drei grundlegende Argumente.

Ausländer-Maut war der Wahlkampf-Schlager der CSU

Erstens: Nach den Berechnungen des Verkehrsministeriums bleiben nach Abzug aller Kosten jährlich nur etwa 500 Millionen Euro für den Straßenbau übrig. Das ist wenig, wenn man bedenkt, dass ein Kilometer Autobahn-Neubau schon zweistellige Millionensummen verschlingt. Zudem zweifeln Verkehrsexperten die Einnahmeschätzungen als zu optimistisch ein. Sinnvoller wäre es ohnehin, die Maut für Lkw, die nachweislich am meisten zur Straßenabnutzung beitragen, zu erhöhen.

Zweitens: Schlimmer als die unsicheren Einnahmen ist der politische Schaden, der in Europa entsteht und der Österreich zur Klage motivierte. Die CSU war 2013 lärmend mit dem Wahlkampfschlager Ausländer-Maut durch die Bierzelte gezogen. Das funktionierte in Bayern blendend und verschaffte der Partei Siege bei den Bundes- und Landtagswahlen.

Die Wähler hatten es stets als ungerecht empfunden, dass die „Ösis“ bei uns kostenlos auf den Fernstraßen fahren dürfen, während die Deutschen für ein „Pickerl“ zahlen müssen. Das CSU-Modell überzeugte viele: Von Ausländern sollte kassiert werden, Inländer würden über eine Absenkung der Kfz-Steuer entlastet. Als die Kritik in der EU wegen der Diskriminierung von Ausländern lauter wurde, strich die CSU den hässlichen Begriff Ausländer-Maut: Daraus wurde die Pkw-Maut und später die Infrastrukturabgabe.

Drittens: Problematisch für die deutsche Maut sind auch die Bestrebungen der EU-Kommission, ab Mitte der zwanziger Jahre eine einheitliche Europa-Maut an den Start zu bringen. Das Projekt von Verkehrskommissarin Violeta Bulc sieht entfernungsabhängige Gebühren vor, was dem deutschen Vignetten-Modell widerspricht.

Am Ende könnte es bei der ganzen Kraftmeierei um die Maut eine überraschende Siegerin geben. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das CSU-Prestigeprojekt immer abgelehnt („Mit mir wird es keine Maut geben“) und ihm nur zähneknirschend zugestimmt. Wenn der Maut-Spuk noch vor dem Start gestoppt wird, dann hat Merkel recht behalten.