Selten hat Angela Merkel so emotional regiert und reagiert wie in dieser aktuellen Flüchtlingskrise.
„Wenn wir uns jetzt noch entschuldigen müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land“, schleuderte sie ihren Kritikern – vor allem in der bayerischen CSU – entgegen. Zuvor hatten besonders Hans-Peter Friedrich und CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer die Kanzlerin für ihre Entscheidung kritisiert, massenhaft Flüchtlinge aus Ungarn aufzunehmen.
Flüchtlingskrise: Politisch ist und bleibt Merkels Entscheidung ein Fehler
Das Merkel-Zitat – gefallen in einer Pressekonferenz mit Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann – wirkte trotzig, aber nicht durchdacht. Die Kanzlerin hat sich zunächst das Recht herausgenommen, aus humanitären Gründen EU-Regeln wie das Dublin-Abkommen außer Kraft zu setzen. Und als der Flüchtlingsstrom zu stark wurde, führten sie und ihr Innenminister Thomas de Maizière hopplahopp die Kontrollen an der österreichischen Grenze wieder ein.
Merkels Willkommensbotschaften waren ein herzerwärmender humanitärer Akt. Doch politisch ist und bleibt es ein Fehler, die Deutschen mit Zehntausenden neuen Flüchtlingen in wenigen Tage zu überfordern, ohne auch andere europäische Staaten in die Pflicht zu nehmen. Die Bundeskanzlerin riskierte damit tatsächlich, dass die Stimmung im Land kippt. Und die Gefahr ist noch nicht vorüber.
Merkel unterschätzte aber nicht nur die Wirkung ihrer Worte („Das Grundrecht auf Asyl kennt keine Obergrenze“). Sie verstand auch nicht, wie in der digitalen Welt der Massenkommunikation ihre Selfie-Fotos mit Flüchtlingen als Einladung verstanden wurde. Die Bilder verbreiteten sich in Windeseile auf den Handys in den Lagern.
Wer diese Politik kritisiert, hat ein Recht dazu. Und er sollte sich dennoch weiter zum Land der Kanzlerin zugehörig fühlen dürfen.