Russische Pflegedienste betrügen offenbar in großem Stil die Kranken- und Sozialkassen in Deutschland. Experten schätzen den Schaden durch falsche und manipulierte Abrechnungen auf mindestens ein bis zwei Milliarden Euro jährlich. „Das Geschäft ist mittlerweile lukrativer als der Drogenhandel“, so ein Experte für Korruptionsbekämfung der Pflegekassen. Das Bundeskriminalamt (BKA) habe inzwischen auch Hinweise auf Strukturen organisierter Kriminalität in diesem Bereich, berichteten die Welt am Sonntag und der Bayerische Rundfunk (BR).
Im deutschen Pflegemarkt werden jährlich mehr als 30 Milliarden Euro umgesetzt
Mehr als 30 Milliarden Euro werden nach Schätzungen jährlich für pflegebedürftige Menschen in Deutschland ausgegeben. Den Großteil bezahlen die Kranken- und Pflegekassen. Und damit die deutschen Beitragszahler. Es ist ein Skandal, dass es in einem Markt, in dem so viel Geld fließt, offenbar nur laxe Kontrollen gibt. Denn anders ist es nicht vorstellbar, dass bis zu zwei Milliarden Euro in dunkle Kanäle abgezweigt werden.
Für organisierte Kriminelle wie russische Mafiagruppen muss das deutsche Pflegesystem daher ein Paradies sein: einfache Zugänge, viel Geld, wenig Kontrollen. Wenn sich die Hinweise des BKA tatsächlich bestätigen, dann besteht dringender Reformbedarf. Es kann doch nicht wahr sein, dass Kranken- und Pflegekassén monatlich 15 000 Euro für die Pflege eines Schwerstkranken überweisen, ohne genau hinzuschauen, ob die Leistungen des Pflegedienstes auch das Geld wert sind.
Auch in Augsburg ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen Pflegedienst und sechs Beschuldigte, die in über 600 Fällen betrügerische Abrechnungen erstellt und so in vier Jahren über 200 000 Euro ergaunert haben sollen.
Verantwortlich für das Pflegesystem ist Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Er muss gewährleisten, dass die Milliarden, die deutsche Beitragszahler, ausgeben, bei den Pflegebedürftigen ankommen. Und nicht bei der Mafia.