Kolumne Greater Augsburg: Die Tram-Linien enden fast überall an den Augsburger Stadtgrenzen. Was für ein Irrsinn! Was für eine Fehlentscheidung!
Vielleicht ist der Verkehr aktuell das schwierigste Thema in Greater Augsburg. Man kann sagen: Es läuft nicht rund. Dabei sind die Sperrungen auf der B17 nur ein minderes Problem. Der Asphalt muss erneuert werden. Es wird bis zum Frühsommer zu Staus kommen.
Ärgerlicher als diese Baustelle ist aus Umland-Sicht der gebrochene öffentliche Nahverkehr. Wir leben in einem attraktiven Großraum mit einer einladenden Metropole. Doch das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel – die Tram – ist eine Fehlplanung.
Die Augsburger Planer tun so, als hätte Augsburg noch hohe Mauern
Die Straßenbahnplaner tun seit Jahrzehnten so, als stünden an Augsburgs Grenzen hohe Mauern. Deshalb endet die Tram vor den Toren Friedbergs, Königsbrunns, Gersthofens und bald – nach dem Bau der Linie 5 – auch vor Neusäss. Die einzige positive Ausnahme ist Stadtbergen. Diese Stadt ist vortrefflich mit der Linie 3 angebunden. Aber nur sie.
Wenn man die Region als Einheit betrachtet, dann ist das ein Irrsinn. Viele Menschen in den Umlandstädten und Gemeinden fühlen sich als Augsburger. Sie arbeiten in der Fuggerstadt, gehen dort einkaufen, ins Kino, ins Restaurant oder ins Theater. Aber die Tram fährt sie nicht nach Hause. Wenn der Schaffner am Stadtrand bremst, bremst er unfreiwillig auch ein Stück weit die gemeinsame regionale Entwicklung aus.
Natürlich gibt es dafür Gründe. Die Stadtwerke als Betreiber der Straßenbahn sind ein städtisches Augsburger Unternehmen. Die Zuständigkeit endet an den Stadtgrenzen. Dort wo die Tram stoppt wie am Prellbock. Eine sinnvolle Streckenverlängerung scheiterte bislang an komplizierten Verhandlungssituationen mit den Landkreisen. Wer zahlt die Strecke? Wer übernimmt die Betriebsdefizite?
Aktuell wird das Thema in Königsbrunn diskutiert, wo der Bedarf einer Verlängerung der Tram-Linie 3, die nur bis Haunstetten fährt, groß ist. Auch in Neusäss wundert man sich inzwischen, warum die geplante neue Tramline 5 nur bis zum Klinikum fahren soll.
Aus verkehrlicher Sicht mag man sagen: Hätten die Macher der Gebietsreform in Bayern Anfang der siebziger Jahre doch nur mehr Mut gezeigt! Wäre neben Haunstetten auch Königsbrunn eingemeindet worden, hätte die Brunnenstadt längst ihre Tram.
Aber natürlich ging es damals wie heute um mehr als um Verkehr. Auch um lokale Identität. So mancher Friedberger zum Beispiel fremdelt mit Augsburg. Andere Nachbarn tun das auch.
Allein die Diskussion um die neuen Autokennzeichen in den vergangenen Jahren belegt diese Lust auf Eigenständigkeit. Wenn man erlebt, wie stolz Friedberger nun wieder mit ihrem FDB-Kennzeichen fahren, um sich vom Landkreis-Nummernschild AIC abzusetzen, dann weiß man, wie wichtig dies für das Heimatgefühl ist.
Doch der Preis der Eigenständigkeit ist der Tram-Prellbock an den Augsburger Grenzen. Und deshalb führen zwar alle Wege der Region nach Augsburg – aber nicht die Schienen. Schade für die Entwicklung einer gemeinsamen Region.