Asyl-Obergrenze

Seehofer und Söder am Watschnbaum

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Kommentar – CSU-Chef Seehofer deutet seinen Rücktritt an. Doch auch Söder trägt Verantwortung für die Niederlage.

Es wäre eine Überraschung, sollte Horst Seehofer das CSU-Debakel bei der Landtagswahl überleben. Ein glaubwürdiger Neuanfang wird nur mit neuem Spitzenpersonal gelingen. Das gilt im übrigen auch für die bayerische SPD, die noch tiefer gesunken ist als die CSU.

Am Sonntag sagte Seehofer im Bayerischen Fernsehen: „Man kann mich kritisieren, aber das zu reduzieren auf den Horst Seehofer, und der ist für alles verantwortlich, das werde ich persönlich nicht mitmachen.“ Noch einmal wolle er „einen Watschnbaum nicht machen“, fuhr der CSU-Politiker fort. „Eher stelle ich mein Amt als Parteivorsitzender zur Verfügung – ich glaube, klarer kann man sich nicht ausdrücken.“

Seehofer: Das Mantra der Herzlosigkeit

Das klingt nach Rückzug. Doch bei einem Neuanfang geht es um mehr als um neue Köpfe. Die Christsozialen müssen das Mantra abstreifen, Flüchtlingen nur mit Herzlosigkeit zu begegnen. Darauf hatten Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder ihre Partei in der Wahrnehmung vieler reduziert. Dabei ist die CSU als eine Partei groß geworden, die für viel mehr steht: Christliche Werte, sozialer Ausgleich, wirtschaftlicher Erfolg, ein von Toleranz geprägtes bayrisches Lebensgefühl.

Es ist richtig, dass Seehofer für diesen Fehler verantwortlich ist. Falsch ist es, das er allein daran schuld ist. Auch Markus Söder und andere (wie Landesgruppenchef Alexander Dobrindt) stehen in der Verantwortung. Angesichts der verbissenen Rivalität der beiden Anführer wird der CSU-Chef versuchen, im Falle des notwendigen Rückzugs den Ministerpräsidenten mit an den Watschnbaum zu stellen. Ein Seehofer verlässt die Bühne nicht auf leisen Sohlen.

Im übrigen ist es auffällig, dass der CSU-Bezirksverband Schwaben zu den ersten Parteigruppierungen gehörte, die einen Sonderparteitag und eine Neuaufstellung an der Parteispitze fordern. Immerhin hat sich Horst Seehofer als bayerischer Ministerpräsident große Verdienste um den Regierungsbezirk und um die Bezikshauptstadt erworben.

Seehofer: Verdienste um Augsburg

Vor allem die neue Augsburger Uni-Klinik, die nach einer Studie 6.500 Arbeitsplätze schaffen wird, boxte Seehofer gegen viele Widerstände in München durch. Dafür verlieh ihm der Landkreis Augsburg noch im Februar 2018 die höchste Auszeichnung: den Ehrenring mit Brillant. Der CSU-Kreisverband Augsburg-Land ist die größte und einflussreichste Parteigruppierung im CSU-Bezirksverband Schwaben.

Auch die Stadt Augsburg plant eine Ehrung für Seehofer. Denn in dessen Amtszeit als Regierungschef fallen neben der Uni-Klinik unter anderem die Statusgewährung „Metropole Augsburg“ und das Staatstheater Augsburg.

Darf man nun als Augsburger einen Parteichef kritisieren, der als Ministerpräsident die Entwicklung der Region zu stark förderte? Man darf – selbstverständlich. Aber es ist ungewöhnlich, sich an die Spitze des Protests zu setzen.