Wenn Horst Seehofer zum Redaktionsbesuch kommt, dann erlebt man einen Ministerpräsidenten, der in offenbar großer Gelassenheit auch kritische Fragen weglächelt.
Egal ob es um die umstrittene Ausländer-Maut geht oder um seine Differenzen mit Markus Söder – Seehofer versprüht Charme und Witz.
Der Regierungschef in seiner letzten Amtsperiode lebt davon, dass es keinen Nachfolger gibt, der bereits an seinem Stuhl sägt. Sobald es einen eindeutigen Kronprinzen oder eine Kronprinzessin gibt, wird Seehofer in die Rolle einer Lame Duck gedrängt. Seehofer weiß das und pflegt daher die Kultur der „Prinzlinge“.
Horst Seehofer hält Prinzlinge für Winzlinge
Was das bedeutet? Ein Prinzling ist ein Prinz, aber auch ein Winzling. Und mehrere Prinzlinge sind auch mehrere Winzlinge.
Übersetzt heißt das: Seehofer pflegt die Garde der „Prinzlinge“ Markus Söder, Ilse Aigner, Marcel Huber, Alexander Dobrindt und Joachim Herrmann. Ziel ist es, dass sie sich gegenseitig in Schach halten. Sobald einer von ihnen herausragt, wird es eng für Seehofer. Die Rolle der Lame Duck rückt näher.
Auch Edmund Stoiber stürzte, nachdem Günther Beckstein und Erwin Huber sich auf die Nachfolgeregelung geeinigt hatten.
Zum launigen Horst Seehofer passten ein paar humorvolle Worte über den Augsburger CSU-Chef und Finanzstaatssekretär Johannes Hintersberger, der nicht zu den „Prinzlingen“ gehört: „Der hat gerade bei der Entscheidung über die fortgeführte Produktion von Ariane-Teilen in Augsburg einen guten Job gemacht“, lobte der Ministerpräsident. Wenn Hintersberger in den vergangenen Wochen zu ihm in den Fahrstuhl gestiegen sei, habe er am liebsten wieder aussteigen wollen. Seehofer: „Denn ich habe gewusst, jetzt geht es bis zur vierten Etage nur um Raketenteile und Booster.“ Doch das sei genau sein Job.
Ende November hatte die Bundesregierung entschieden, die Produktion von Ariane-Raketenteilen in Deutschland weiter zu unterstützen. Davon profitierte das Augsburger Unternehmen MT Aerospace (500 Mitarbeiter), das die Feststofftanks für das europäische Weltraumprojekt entwickelt.
Noch einmal zum Redaktionsbesuch. Ins Gästebuch schrieb Seehofer: „Der Wahrheit verpflichtet“.