Kommentar: Der Autokrat Erdogan wirft Deutschland „Nazi-Praktiken“ vor. Das ist unerträglich.
Unter Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich die Türkei auf den Weg in Richtung Diktatur gemacht. Erdogan nutzte den gescheiterten Militärputsch zu teils harten „Säuberungen“ in Armee und Staatsdienst. In der Türkei werden Pressefreiheit und Menschenrechte mit Füßen getreten. Mit einem Referendum Mitte April plant er, seine Macht weiter auszubauen.
Dass dieser Autokrat Deutschland im Streit um Wahlkampf-Auftritte türkischer Politiker nun „Nazi-Praktiken“ vorwirft, schlägt dem Fass den Boden aus. Denn unabhängig von der unerträglichen Erdogan-Rhetorik: Es ist richtig, dass Auftritte aus Sicherheitsgründen abgesagt werden. Die Lage in der Türkei ist angespannt. Es muss alles getan werden, damit der Funke nicht nach Deutschland überspringt. Und: Auch grundsätzlich sollte der Wahlkampf ausländischer Politiker in Deutschland nichts zu suchen haben. Da gibt es kein türkisches Sonderrecht. Selbst wenn hierzulande etwa 1,4 Millionen wahlberechtigte Türken leben.
Autokrat Erdogan: Die richtige Antwort wäre ein EU-Wahlkampfverbot für türkische Politiker
Die richtige Antwort auf Erdogans Attacken wäre ein Wahlkampfverbot für türkische Politiker in der gesamten EU, wie es Österreichs Kanzler Christian Kern fordert. Doch wer in diesem deutsch-türkischen Streit auf die Unterstützung der EU hofft, der kann lange warten. Auch im Fall Erdogan wird das politische Europa versagen – wie schon in der Flüchtlingskrise, wo Erdogan die Drecksarbeit für Europa machte.
Der Flüchtlingsdeal ist wohl auch ein Auslöser für die aktuellen deutsch-türkischen Spannungen. Der Autokrat Erdogan machte die Grenzen zu, erhielt von der EU dafür etwa drei Milliarden Euro. Jetzt droht er regelmäßig mit der Aufkündigung des Vertrags. Europa war unfähig, die Krise solidarisch zu lösen. Das hat Erdogan gestärkt. Und die EU hat sich erpressbar gemacht.