Abschiebung

Warum Deutschland das Thema Abschiebung nicht in den Griff kriegt

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Kommentar: Mit jeder Straftat wächst der Druck auf die Politik, sogenannte „Gefährder“ rasch abzuschieben. Doch es gibt Gründe, warum das nicht gut funktioniert

Der Fall des palästinensischen Attentäters in Hamburg hat es erneut deutlich gemacht. Deutschland bekommt ein wichtiges Problem nicht in den Griff: Zwischen Flensburger Förde und Füssen leben etwa 220 000 ausreisepflichtige Männer und Frauen, die aber nicht ausreisen wollen und auch nicht abgeschoben werden.

Die meisten von ihnen sind abgelehnte Asylbewerber. Viele kamen mit der unkontrollierten Zuwanderungswelle 2015. Im damaligen Fluchtsommer schauten die überlasteten Sicherheitskräfte nicht so genau hin. Es kamen Menschen ins Land, von denen die Behörden nicht einmal genau wussten, woher sie kamen. Mancher vermeintliche syrische Kriegsflüchtling wurde
bei genauerer Überprüfung zum Tunesier oder Marokkaner.

Abschiebung: Es gibt viele Gründe, warum Ausreisepflichtige bleiben

Es gibt vielerlei Gründe, weshalb auch abgelehnte Asylbewerber anschließend noch Monate oder sogar Jahre in Deutschland leben. Etwa 150 000 dieser Zuwanderer werden von den Behörden geduldet. Sie sind erkrankt, werden in ihrer Heimat bedroht oder die Beschaffung fehlender Papiere braucht noch Zeit. Andere verhindern oder verzögern mithilfe findiger Anwälte gerichtlich ihre Ausreise. Ein weiterer Teil ist untergetaucht oder wartet auf den Vollzug der Abschiebung.

Eigentlich wäre das kein großes Problem in einem Land mit 80 Millionen Einwohnern. Wäre da nicht der unbestimmte Anteil von Straftätern, Islamisten oder sogar dem Terror nahestehenden Personen. Der ausreisepflichtige Terrorist Anis Amri mordete im Dezember 2016 auf einem Berliner Weihnachtsmarkt. Jetzt tötete Ahmad Alhaw in einem Hamburger Supermarkt. Auch er hätte eigentlich längst abgeschoben sein sollen. Er wollte sogar ausreisen.

Mit jeder Straftat wächst der Druck auf die Politik, vor allem die sogenannten „Gefährder“ rasch abzuschieben. Dass das nicht funktioniert, liegt auch an der komplexen föderalen Struktur der Bundesrepublik. In den 16 Bundesländern befassen sich unzählige Beamte in den Ausländerbehörden mit der Migration. 16 Landesämter für Verfassungsschutz und die verschiedenen Länder-Polizeieinheiten sowie ein Bundesamt für Verfassungsschutz organisieren die Gefahrenabwehr.

Es ist kein Wunder, dass dieser Dschungel verschiedenster Zuständigkeiten genügend Schlupflöcher bietet, wenn man seine Ausreise unbedingt verhindern will. Und man mag gar nicht daran denken, welche Möglichkeiten sich durch die mangelhafte Koordination der EU-Länder zusätzlich auftun. Für die schwarzen Schafe unter den Flüchtlingen ist dieser Wirrwarr ein Paradies.

Der deutsche Föderalismus hat viele Vorteile. Er stärkt die regionalen Identitäten unserer Gesellschaft. Wenn es aber darum geht, gesamtdeutsche Aufgaben wie Asyl und Zuwanderung in den Griff zu kriegen, sind föderale Strukturen nicht effizient. Das gilt auch für die Beobachtung von Gefährdern durch unterschiedliche Landesämter für Verfassungsschutz.

Um die Ausreise abgelehnter Asylbewerber zu beschleunigen, muss nun kurzfristig die Abstimmung von Sicherheits- und Ausländerbehörden verbessert werden. Auch die Einrichtung von Ausreisezentren in der Nähe von Flughäfen macht durchaus Sinn, um die Rückführung zu organisieren.

Mittelfristig sollte die deutsche Politik aber den Mut aufbringen, föderalistische Strukturen auch im Umgang mit der Zuwanderung zu hinterfragen. Das beginnt bei einer Entwirrung des Verfassungsschutzes und setzt sich fort bei der Vereinfachung der Zuständigkeiten bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Um das Recht durchzusetzen, muss der Staat Schlupflöcher besser abdichten.

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