Mobilität ohne Auto: Das Chaos um die eScooter nervt. Aber besser Bürokratie als ein Leben in Absurdistan oder so.
Für mein neues Leben ohne Auto hatte ich klare Vorstellungen. Pendeln mit dem ICE nach München, Carsharing in Augsburg, für Kurzstrecken ein Fahrrad und einen Elektroscooter für die letzte Meile.
Funktioniert eigentlich alles gut. Es macht Spaß, sich neu zu erfinden. Aber es gibt eine Einschränkung: Der eScooter.
Seit der grundsätzlichen Zulassung Mitte Juni 2019 herrscht Chaos auf dem Markt. Wer sich so ein Teil anschaffen will, erlebt vor allem eines: eFrustration.
Auf der ganzen Welt kann man eScooter kaufen
Auf der ganzen Welt kann man die Scooter kaufen und einfach losfahren. Nur bei uns brauchte es den Beschluss der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) durch den Bundesrat (BR). Und das Kraftfahrtbundesamt (KBA) muss die Scootermodelle für die Straßennutzung zulassen. Natürlich bin ich froh, nicht in irgendeinem Absurdistan zu leben, sondern in einem wohl geordneten Gemeinwesen. Aber man kann es auch übertreiben.
Wegen der eKFV müssen die Händler ihre Roller jetzt umbauen lassen. In Deutschland dürfen sie statt 25 nur 20 Kilometer schnell sein (was dazu führt, dass die langsamen Scooter die Fahrradfahrer nerven und es zu mehr Unfällen kommt alles anderswo). Auch Bremsen und Licht sind auf maximale Sicherheit reguliert und es braucht eine Versicherung. Das alles muss der deutsche Verkäufer dann den Herstellern in China, Südkorea oder Vietnam erklären.
Die einzigen, die diese Auflagen bislang erfüllen, sind die Verleihfirmen. Voi-Scooter fahren in Augsburg, in München oder Berlin gibt es noch vier bis fünf andere Vermieter – von Tier über Circ bis Lime.
eScooter: 720 Angebote bei Amazon
Die herkömmlichen Scooteranbieter – Segway, Xaomi, Cityblitz und Co. – schaffen das nicht oder scheitern an irgendeiner Bürokratie. Die Folge: Auch sieben Wochen nach der Genehmigung kann man einen leichten eScooter mit Straßenzulassung zwar an jeder windigen Ecke ausleihen, aber nicht günstig kaufen.
Wer bei Amazon nach „eScooter mit Straßenzulassung“ sucht, der bekam am 9. August 867 Angebote. Die allermeisten dürfen auf Straßen nicht fahren, was man aber nur irgendwo ganz unten im Text versteckt erfährt. Die Suchoptimierung der Shopanbieter ist lästig. Das Chaos-Suchen nervt.
Wenn man dann tatsächlich einen Roller mit Zulassung findet, dann wird meist ein Liefertermin Anfang September versprochen. Als ich zuletzt Ende Juni gesucht habe, stand da oft: Anfang August.
Wie gefährlich sind eScooter?
Fakt ist: Deutschland scheitert gerade beim Elektroscooter-Verkauf. Mich ärgert das, denn ich wollte in den Schön-Wetter-Monaten mit dem Scooter zum Augsburger Hauptbahnhof düsen, das nur etwa 11 Kilo leichte Teil im ICE mitnehmen und in München zu meinem neuen Arbeitsplatz im Wirtschaftsministerium an der Prinzregentenstrasse fahren.
Okay. Fahrrad in Augsburg, U-Bahn oder Leihroller in München sind keine so schlechte Alternative. Aber ein eigener Scooter wäre schon cooler.
Andererseits: Die Boulevardmedien berichten so leidenschaftlich über Leihroller-Unfälle, besoffene Fahrer und Trümmerbrüche, dass man meinen könnte, Scootern ist mindestens so gefährlich wie das fußläufige Überqueren des achtspurigen Kreisverkehrs am Pariser Arc de Triomphe.