Mobilität ohne Auto: Schon seit mehr als drei Wochen bin ich Carsharing-Kunde in Augsburg. Es klappt alles wunderbar. Aber es fehlt was.
Mein Selbstversuch ohne Auto geht in die vierte Woche. Eigentlich läuft alles gut. Meine Mobilität ist gesichert. Wann immer ich ein Auto brauche, stellen die Stadtwerke Augsburg mir gegen Gebühr eines zur Verfügung. Für das Wochenende am Chiemsee stiegen wir in ein Mini Cabrio, für die Dinner-Einladung in Memmingen bot sich ein Toyota Yaris an. Die Fahrt zum Golfplatz ging im VW Up. Für kurze Stadtfahrten im Regen nutzte ich den Elektro-BMW i3. Und den Umzug meiner Tochter bewältigten wir im Opel-Lieferwagen, Modell Movano.
Die Autos sind alle nahe der Augsburger City stationiert. Rauf auf das Fahrrad (die eScooter sind ja inzwischen zurecht verpönt), Auto starten und nach der Nutzung mit dem Bike zurück nach Hause. Das funktioniert rational bestens, aber…
Carsharing in Augsburg fehlt automobile Individualität
…was mir fehlt, ist automobile Emotion. Ich bin wohl aus einer dieser bemitleidenswerten Generationen, die noch stolz auf das eigene Auto zusteuerten und Gefühle haben. Hat schöne Formen, riecht nach Öl, Gummi und Leder, drückt ein Lebensgefühl aus. Marken-Image und automobile Individualität…
Und jetzt ohne eigenes Auto? Nix. Niente. Fehlanzeige. Wie auch? Der Carsharing-Fuhrpark der Stadtwerke Augsburg bietet nützliche Fahrzeuge, keine charakterstarken Boliden. Ein Freund erzählte mir von positiven Carsharing-Gefühlen mit BMW und Mercedes in Wien. Ein anderer Kumpel berichtete von seinem Sohn, der in Berlin Carsharing nutzt, weil er gerne mal einen noblen Audi fährt. Und in Augsburg?
In der Mittelklasse bieten die Stadtwerke Augsburg Opel Astra, bei den Kleinwagen Toyota Yaris, die Mini-Kisten tragen Namen wie VW Up oder Opel Karl. Alles bestens, alles gute und solide Autos.
Fährt Carsharing gegen die Wand?
Nun habe ich heute in der FAZ gelesen, dass das Carsharing sowieso gegen die Wand fährt. Citroen ist ausgestiegen, Mazda jetzt auch. Mercedes und BMW haben frustriert ihre Tochterfirmen Car2go und Drivenow fusioniert. Ein Experte weiß laut FAZ: „Carsharing funktioniert einfach nicht. Die Autos werden rücksichtslos behandelt, verdreckt, beschädigt, irgendwo abgestellt. Viele Menschen kümmern sich eben nicht um Sachen, die nicht ihre eigenen sind. Unser Aufwand ist viel zu hoch“.
In meinen gut drei Carsharing-Wochen haben ich mehr als zehn Carsharing-Autos genutzt. Nie war eines übermäßig verdreckt. Nie hatte ich Probleme. Ob das Geschäftsmodell der Stadtwerke Augsburg funktioniert, weiß ich nicht. Da müssten SWA-Mobilitätsgeschäftsführer Walter Casazza oder Pressesprecher Jürgen Fergg Auskunft geben. Ich spüre ja nur, dass mir die automobile Emotion des eigenen Autos fehlt und ich noch nicht weiß, wie wichtig mir das ist.