Augsburg und Ulm hatten gute Chancen auf die Fabrik für Batteriezellenforschung. Doch die 500 Millionen Euro Fördergeld fließen nach Münster. Die Umstände sind nebulös. Es gibt viel Kritik, aber nur wenig aus Augsburg.
Die Idee war gut. Nach der Pleite von Ledvance in Augsburg, der Schließung von Fujitsu, dem Schrumpfen von Kuka bewarb sich Bayern mit dem Standort Augsburg für eine von der Bundesregierung mit 500 Millionen Euro geförderte Fabrik für Batteriezellenforschung – sieben andere Bundesländer auch.
Das nahe Ulm galt als Favorit, eine Kooperation mit Augsburg lag nahe. Doch dann vergab Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Zukunftsfabrik, mit der Deutschlands Rückstand bei der Batteriezellenproduktion für die Elektromobilität aufgeholt werden soll, nach Münster.
Münster? Die westfälische Stadt ist bislang mehr durch Dauerregen als durch Auto-Expertise aufgefallen. Durch die vielen Automobilzulieferer und die Nähe zu Daimler, Porsche, Audi und BMW sprachen gewichtige Argumente für die Süd-Bewerber Ulm und Augsburg.
Batteriezellenforschung: Seltsamkeiten bei der Vergabe
Für Münster sprachen nur einige Seltsamkeiten: Die Nähe zum Wahlkreis der Ministerin Karliczek im Tecklenburger Land ist auffällig. Der Kopf hinter der Münsteraner Bewerbung, Professor Martin Winter, ist laut dem Berliner Tagesspiegel seit Jahren Sprecher des Beirats für Batterieforschung im Bundesforschungsministerium. Der Mann ist also nah dran an der Ministerin. Im Herbst 2018 zeichnete Karliczek den Chemiker sogar mit dem Bundesverdienstkreuz aus.
Alles Zufall? Eher nicht. Deshalb attackieren zahlreiche Bundestags-Politiker der Grünen, der FDP und der Linkspartei nun Ministerin Karliczek. Am Mittwoch soll sie bei einer Sondersitzung des Forschungsausschusses im Bundestag Auskunft geben, warum Münster besser geeignet ist als Standort der Zukunftsfabrik als andere Bewerber.
Denn das Auswahlverfahren ist bislang völlig intransparent. Der Tagesspiegel zitiert einen ungenannten Experten eines Fraunhofer-Instituts, der offenbar Einblick in die Bewerbungen hatte. Er nannte Münster aus „fertigungstechnischer Sicht den zweitschlechtesten Standort“. Es rieche nach „Vetternwirtschaft“ sagte er der Zeitung.
Batteriezellenforschung: Sondersitzung des Ausschusses
Aufgeregt über diese nebulöse Vergabe haben sich bislang einige Politiker. Die Ministerpräsidenten Bayerns, Baden-Württembergs und Niedersachsens schrieben einen bösen Brief an Kanzlerin Angela Merkel. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Margit Stumpp aus Aalen in der Nähe von Ulm fordert eine „Offenlegung der Bewertung“ der Standorte. In Bayern lässt Wirtschaftsminister Aiwanger von den Freien Wählern nicht locker.
Aiwanger sagte: „Es ist ein Fehler, so massiv nur auf einen Batterie-Forschungsstandort zu setzen und das Potenzial von Augsburg und Ulm nicht zu heben. Anstatt jetzt noch monatelang über das Vergabeverfahren zu streiten, muss der Bund die Batteriestandorte auch im Süden unterstützen, und sie werden sehen, dass wir Münster links und rechts überholen.“ Die Augsburger Allgemeine berichtete ausführlich über Aiwangers Strategie.
Vergabe-Pleite: Nur ein Augsburger protestiert
Auffällig ist, dass sich bislang kein Augsburger Politiker über die Vergabe-Pleite so richtig aufgeregt hat. Der neue CSU-Bezirkschef und Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich schrieb zwar einen Protestbrief an Karliczek. Aber sonst will sich offenbar niemand für die Zukunftsfabrik ins Zeug legen. Schade, aber vielleicht erreichen ja die Politiker außerhalb von Augsburg, dass Karliczek ihr Konzept überdenkt und den Süden bei der Batteriezellenforschung mit ins Boot holt.
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